"Das Bekenntnis zu Jesus Christus..."

Das Bekenntnis zu Jesus Christus hat sich in der kirchlichen Tradition immer mehr von dem historischen Jesus entfernt. Die Bibel erzählt aber betont von der Geschichte dieses Jesus von Nazareth. Sie hebt hervor, dass Jesus ein Mensch war, der von einer jüdischen Mutter geboren wurde und selber als Jude gelebt hat. Auch die biblischen Aussagen über die Messianität Jesu heben ihn nicht heraus aus seiner jüdischen Umwelt. Die Zeit Jesu war eine Zeit hochgespannter Messiaserwartungen. Erwartet wurde der Messias, der die Juden vom römischen Joch befreite. Diese Erwartung hatte auch einen Teil der Jünger geprägt. Erst Kreuz und Auferstehung haben die Messianität Jesu herausgehoben aus der an eine geschichtliche Befreiung gebundenen Erwartung. Nun bekam die Messianität einen endzeitlichen Charakter jenseits historischer Zeiträume. Jesus, der Messias, wird zu Jesus Christus, dem Erhöhten. Das apostolische Glaubensbekenntnis ist deutlich von dieser Verkündigung des Neuen Testamentes geprägt. Der Leidensweg Jesu ist ein Leidensweg des Menschen, geboren von einer jüdischen Mutter. Jesus war Jude und er blieb dies auch als der erhöhte Herr.

Alle Versuche in der Kirchengeschichte, Jesus von seinem jüdischen Ursprung zu trennen, müssen sich den Vorwurf des Antijudaismus gefallen lassen. In der frühen Kirche versuchte der Theologe Marcion, die Bibel von allem Jüdischen freizumachen. Er wollte das Alte Testament aus der christlichen Bibel entfernen und im Neuen Testament die alttestamentlichen Bezugspunkte streichen. Die Kirche erkannte die Gefahr einer Entwurzelung des christlichen Glaubens und lehnte diese Lehre ab. Marcion wurde aus der Kirche ausgeschlossen. Aber auch die griechische Philosophie wirkte auf die christliche Verkündigung ein. Für sie wurde Jesus eine Idealgestalt, die ihre Bindung an seinen menschlichen, jüdischen Ursprung verlor. Ähnliches gilt für kosmische Ausweitungen der Person Jesu, wie sie die Gnosis hervorbrachte.

Das Bekenntnis zu Jesus Christus kann nur ein Bekenntnis im Horizont des Judentums sein. Seine Botschaft wie auch die Verkündigung des Jesus als Christus ist nur verständlich, wenn Gott sich tatsächlich in seinem auserwählten Volk Israel vergegenwärtigt und seine Verheißungen für das Volk Israel bleibende Gültigkeit haben. Andernfalls wäre eine bleibende Gültigkeit auch der christlichen Verheißungen nicht vorauszusetzen.

Gerade das Wahrnehmen der jüdischen Inhalte der Verkündigung Jesu erschließt erst seine eigentliche Bedeutung.

Diese theologische Erläuterung der beiden Sätze, um die der Grundartikel der EKHN erweitert wurde, hat der heutige Evangelische Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und Nassau - ImDialog, 1991 veröffentlicht.
Wie hat sich seitdem die christlich-jüdische Verhältnisbestimmung entwickelt? Welche der in dieser Erklärung formulierten Erläuterungen wären heute eventuell anders zu formulieren?
Wir bitten Sie, uns Ihre Anregungen über ga25@imdialog.org mitzuteilen und haben vor, diese demnächst öffentlich zugänglich zu machen.

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